Das Verkehrsmanagement Region Bern Nord wird sichtbar
An verschiedenen Stellen im Strassennetz der Region Bern Nord werden derzeit Schleifen in den Belag eingebaut. Sie ermöglichen Verkehrszählungen, welche für das künftige Verkehrsmanagement wichtig sind. Ab 2021 will der Kanton mit betrieblichen Massnahmen den Verkehr im Norden von Bern flüssiger und sicherer machen.
Der Bau von Dauerzählstellen ist das erste sichtbare Zeichen des Projekts «Verkehrsmanagement Region Bern Nord». Insgesamt werden 13 neue permanente Zählstellen eingerichtet. Sie werden verlässliche Daten aus dem realen Verkehrsgeschehen liefern, auf die das Verkehrsmanagement angewiesen ist. Denn je umfangreicher und genauer die Verkehrsdaten sind, umso besser wird das System den Verkehr beeinflussen können. Der Vorher-Nachher-Vergleich von Verkehrsdaten wird dereinst für die Wirkungskontrolle wichtig sein.

Vier Schleifen pro Zählstelle
Baulich besteht eine Dauerzählstelle aus vier Schleifen, die in beiden Fahrtrichtungen in den Strassenbelag eingebaut werden. Ein Zählgerät in einem Steuerschrank neben der Strasse sendet die Daten dann über eine mobile Funkverbindung an einen zentralen Rechner. Die vier Induktionsschleifen können weit mehr als nur den Verkehr zählen. Sie unterscheiden nicht nur zehn verschiedene Arten von Fahrzeugen (z. B. mehrachsige Lastwagen, Lieferwagen, Autos mit und ohne Anhänger), sondern dank der Doppelschleife auch deren Geschwindigkeit. Deshalb kann eine Dauerzählstelle zusätzlich auch Daten über den Verkehrsfluss liefern, denn tiefe Geschwindigkeiten deuten auf zähflüssigen Verkehr hin.

Induktionsschleife erzeugt ein Magnetfeld
Die Funktionsweise einer Induktionsschleife basiert auf einfachster Physik: Mehrere Windungen eines Kupferkabels – meistens sind es vier – werden als Spule verlegt und ganz leicht unter Strom gesetzt. So entsteht ein Magnetfeld. Wird dieses durch Metall beeinflusst, zeichnet ein Auswertegerät diese «Störung» auf. Das bewährte Prinzip nutzt man seit den Sechzigerjahren. Heute sind allerdings viel feinere Auswertungen möglich.
Zusätzliche temporäre Zählstellen
Weitere Zählstellen, die nur temporär messen und keine baulichen Massnahmen bedingen, sind auf Nebenstrassen innerhalb und ausserhalb des Projektgebietes vorgesehen. Diese tragen den Bedenken von einiger Gemeinden Rechnung, die Ausweichverkehr auf Quartier- und Nebenstrassen befürchten. Deshalb arbeitet der Kanton im Rahmen der Wirkungsanalyse derzeit mit den Gemeinden ein Konzept für temporäre Verkehrszählungen auf möglichen Ausweichrouten aus.
- Schritt 1: In den Strassenbelag werden Schlitze gefräst.
- Schritt 2: In die Schlitze wird Kupferdraht eingelegt. Es braucht pro Schleife vier Windungen, damit ein Magnetfeld entsteht.
- Schritt 3: Ausserhalt der Schleife soll kein Magnetfeld mehr entstehen. Deshalb werden die Drähte, die Schleife und Zählgerät verbinden, verdrillt.
- Schritt 4: Die Schlitze werden mit heissem Bitumen wieder vergossen. (Bilder: Hadomatic)
«Wir sind überzeugt, dass Verkehrsmanagement wirksam ist»

In Urtenen-Schönbühl ist der Verkehr allgegenwärtig. Die Gemeinde leidet seit Jahrzehnten unter grossen Verkehrsbelastungen. Gemeindepräsident Heinz Nussbaum erhofft sich viel vom Verkehrsmanagement, warnt aber auch vor falschen Erwartungen.
Urtenen-Schönbühl ist ein Verkehrsknotenpunkt: Hier treffen drei stark befahrene Kantonsstrassen (Richtung Solothurn, Burgdorf und Lyss) und zwei Autobahnen (A1 und A6) aufeinander. Zwei Bahnlinien durchqueren die Gemeinde. Die sich in unmittelbarer Nähe befindenden Einkaufszentren (Shoppyland, OBI, Coop), die Logistikbetriebe der Migros Aare, Interdiscount Jegenstorf und der Waffenplatz Sand führen zu einem grossen Verkehrsaufkommen. Die verstopften Strassen belasten die Gemeinde mit Lärm und Abgasen und verursachen Verspätungen im öffentlichen Verkehr. Kein Wunder, dass die Verkehrssituation bereits seit Jahrzehnten Gegenstand von Abklärungen, Besprechungen und Projekten ist. So konnte im Rahmen der Entflechtung Schiene/Strasse am 28. Mai 1999 der Strassentunnel in Urtenen-Schönbühl eröffnet werden.
Urtenen-Schönbühl ist überzeugt vom Projekt
Die im Jahr 2005 erarbeitete Korridorstudie Bern-Nord bildet eine wichtige Grundlage für das Pilotprojekt Verkehrsmanagement Region Bern Nord. Der Gemeinderat hat den Handlungsbedarf erkannt und am 30. Mai 2011 gegenüber dem Tiefbauamt des Kantons Bern eine positive Stellungnahme zum Projekt abgegeben. Die Gemeinde Urtenen-Schönbühl unterstützt die Zielsetzungen des Projekts:
- Erhöhung der Zuverlässigkeit des ÖV (Anschlusssicherung)
- Verträgliche und stetige Abwicklung des Strassenverkehrs
- Optimale Nutzung der vorhandenen Strassenkapazitäten
- Erhöhung der Zuverlässigkeit der Reisezeit mit dem Auto (planbare Durchfahrzeiten)
- Vermeidung von Ausweichverkehr durch die Wohnquartiere
- Verbesserung der Verkehrssicherheit für Langsamverkehr
Mit den in der Gemeinde Urtenen-Schönbühl geplanten Massnahmen ergeben sich Chancen, die hohen Verkehrsbelastungen auf den innerörtlichen Kantonsstrassen besser zu koordinieren. Durch die Steuerung mittels Lichtsignalanlagen wird der Verkehrsfluss im Ortskern der Gemeinde gewährleistet. Der Gemeinderat ist von der Wirksamkeit der Massnahmen überzeugt und unterstützt deshalb das Projekt weiterhin.
Was erwartet Urtenen-Schönbühl vom Verkehrsmanagement?
Die Verkehrsbelastung in der Gemeinde ist hoch und wird vermutlich noch weiter zunehmen. Dementsprechend gross sind auch die Erwartungen der Gemeinde Urtenen-Schönbühl an das Verkehrsmanagementprojekt. Wir versprechen uns eine Verbesserung der Gesamtsituation, was im einzelnen bedeutet:
- Weniger Staus und besserer Verkehrsfluss im Innerortsbereich, dadurch auch weniger Lärm und Abgase
- Keine blockierten Kreisel und Tunnelportale, dadurch grössere Sicherheit und freie Fahrt für Blaulichtorganisationen
- Zuverlässige ÖV-Verbindungen auch bei starkem Verkehrsaufkommen (Buslinie 38)
- Der Transitverkehr bleibt auf den Nationalstrassen, das Ausweichen auf die (bereits überlasteten) Kantonsstrassen verliert an Attraktivität
- Durch die regionale Zusammenarbeit können die Organisation und die Finanzierung des Verkehrsmanagement sichergestellt werden
- Mit gezielten Messungen und der Auswertung der Wirkung gewinnen wir bessere Erkenntnisse über das zeitliche und örtliche Verkehrsaufkommen
Besondere Anliegen und Ängste
Jede Veränderung hat Auswirkungen auf die lieb gewonnenen Gewohnheiten und weckt vielfach auch Ängste und verursacht Verunsicherung.
- Keine falschen Hoffnungen: Das Verkehrsmanagement Region Bern Nord wird nicht zu weniger Verkehr führen und es können nicht alle Probleme gelöst werden.
- Fuss- und Veloverkehr: Für eine bessere Verkehrssicherheit für Zufussgehende und Velofahrende braucht es auch in Zukunft noch zusätzliche Massnahmen. So u. a. die Sanierung und Sicherung von Fussgängerstreifen (Mittelinseln, LSA) oder die Optimierung des Radwegnetzes.
- Schleichverkehr: Mit geeigneten Massnahmen muss dem drohenden Schleichverkehr auf Nebenstrassen und in Wohnquartieren begegnet werden. Die heiklen Stellen sind erkannt und es werden verschiedene Lösungen geprüft (u. a. Durchfahrtsbeschränkungen, Fahrverbote).
Nach jahrelanger Vorbereitungs- und Planungsarbeit und vielen Diskussionen warten wir gespannt und mit grossem Interesse auf die Umsetzung und insbesondere auf die Wirkung des Verkehrsmanagements Region Bern Nord.
Heinz Nussbaum
Gemeinderatspräsident Urtenen-Schönbühl
Wie funktioniert eine Dosierstelle?
Eine Dosierstelle ist eine Ampelanlage, welche den Verkehr am Ortsrand aufhält, sobald der Verkehr im Ortskern zähflüssig wird. Ziel ist es, im Siedlungsgebiet einen flüssigen Verkehr zu gewährleisten und zu verhindern, dass die öffentlichen Busse behindert werden.
Eine Dosierstelle besteht aus einer Rot-Gelb-Ampel mit Haltebalken und dem Wechselsignal «Zentrum überlastet». Ein Schrank neben der Strasse enthält das entsprechende Steuergerät. Die Dosierstelle reagiert auf Signale von Messpunkten, die die Verkehrssituation im Umfeld der Dosierstelle erfassen:

Verkehrssituation innerorts
Messpunkte (Schleifen oder Dauerzählstellen) erfassen im Ortskern die Verkehrsmenge und die Geschwindigkeit der durchfahrenden Fahrzeuge.
> Wird im Ortskern eine Verkehrsüberlastung festgestellt, schaltet die Ampel der Dosieranlage am Ortseingang auf ROT.
Verkehrssituation ausserorts
Auf der anderen Seite der Dosierstelle erfassen sogenannte «energie-autarke Schleifen» (EAS) den durchfahrenden Verkehr. Sie werden je nach Situation etwa 100, 200 und/oder 500 Meter vor der Dosierstelle eingerichtet und sind über Funk mit der Dosierstelle verbunden. Eine EAS besteht entweder aus einem Masten mit Radar-/Infrarotgerät oder aus einer Schleife im Belag. Sie ist energieautark, weil sie mit einem Solarpanel ausgerüstet ist. Das erspart den Bau teurer Rohrblockanlagen zur Stromversorgung und zur Informationsweitergabe.
> Staut sich der Verkehr vor der Dosierstelle übermässig (weil die Ampel dort auf ROT ist), melden das die EAS an die Dosierstelle und die Dosierung wird gelockert oder aufgehoben, d.h. die Ampel an der Dosierstelle wechselt von ROT auf DUNKEL.
Der Verkehrsrechner rechnet mit
Ob die Ampel an der Dosierstelle auf ROT steht oder dunkel ist, hängt einerseits von der Verkehrssituation im lokalen Umfeld der Dosierstelle ab, aber auch von der übergeordneten regionalen Verkehrssituation, die vom zentralen Verkehrsrechner erfasst wird. Dieser Verkehrsrechner ist das «Hirn» des Verkehrsmanagements. Er hat die Aufgabe, aus all den Datenquellen die Dosierstellen / Lichtsignalanlagen in der Region so zu steuern, dass der Verkehr am Rollen bleibt.
Insgesamt 30 Dosierstellen
Insgesamt werden im Rahmen des Verkehrsmanagements Region Bern Nord rund 15 neue Dosierstellen eingerichtet, weitere 15 bestehende Lichtsignalanlagen werden zur Dosierstelle aufgerüstet.

Verkehrsmanagement Region Bern Nord – wie geht es weiter?
Im Winter-Halbjahr 2019/20 wurden verschiedene Submissionsverfahren durchgeführt. Jetzt geht es an die Realisierung. Im Jahr 2021 soll das System in Betrieb genommen werden.
Mit diesen Massnahmen will das kantonale Tiefbauamt sicherstellen, dass der Verkehr im Norden der Agglomeration Bern besser und sicherer fliesst.
