Rot-Gelb-Ampeln dosieren ab Oktober den Verkehr

Im Verlaufe der nächsten Monate werden die Dosierstellen und die elektronischen Verkehrsinformationsdisplays in der Region Bern Nord schrittweise aufgeschaltet. Als erste Anlage nimmt jene auf der Kantonsstrasse zwischen Jegenstorf und Urtenen-Schönbühl den Probebetrieb auf.
Danach werden etappiert weitere Dosierstellen in den Gemeinden Urtenen-Schönbühl, Münchenbuchsee und Moosseedorf in Betrieb gehen. Anschliessend folgen sukzessive die Dosierstellen in den zentrumsnäheren Gemeinden (Zollikofen, Ittigen, Bolligen, Bern).
Interne Tests zeigten, dass die komplexe Software des Verkehrssystemrechners am besten in kleineren Etappen optimiert werden kann, mit gezielten Praxistests im Verkehr. Diese Inbetriebnahme in Einzelschritten bringt Vorteile. «Wir können laufend aus Erfahrungen lernen und flexibler auf Unvorhergesehenes reagieren», begründete Regierungsrat Christoph Neuhaus an einem Werkstattgespräch für Medien (16. August 2022) das Vorgehen. «Wir können so das Risiko minimieren, dass Verkehrsteilnehmende von Störungen und Unannehmlichkeiten betroffen sind.»
Vorgesehener Zeitplan der Inbetriebnahme
- Start Schattenbetrieb: August 2022
- Start Probebetrieb: Oktober 2022
- Start Vollbetrieb: März 2023
- Wirkungskontrolle: März 2023
Dosierstellen in der Region Bern Nord

Die Dosierstellen dienen dazu, Fahrzeuge am Dorfeingang aufzuhalten, sobald der Verkehr im Zentrum ins Stocken gerät. Sie sorgen zudem dafür, dass Bus und Postauto bevorzugt zirkulieren können. Der Veloverkehr ist von der Dosierung nicht betroffen. Die Rot-Gelb-Ampeln einer Dosierstelle werden durch einen Verkehrssystemrechner gesteuert. Dieser erfasst den aktuellen Verkehrsfluss grossflächig und nimmt aus diesen Daten eine intelligente Steuerung des Verkehrs in der ganzen Region vor. Die Verkehrsdosierung nur dann erfolgt, wenn es die Verkehrssituation erfordert. Ausserhalb der Spitzenzeiten werden Ampeln und Verkehrsinformationsdisplays inaktiv, d. h. dunkel bleiben.

Elektronische Verkehrsinformationsdisplays
Um die Reisezeiten für Autofahrende transparent zu machen, stehen an wichtigen Einfallsachsen elektronische Verkehrsinformationsdisplays. Diese werden künftig bei Verkehrsüberlastung über Verlustzeiten oder besondere Situationen orientieren. Insgesamt wurden auf dem Strassennetz der Region Bern Nord 15 solche Verkehrsinformationsdisplays installiert, davon sind fünf auf der Autobahn bereits in Betrieb.


Vom Schattenbetrieb zum Probebetrieb

Das Verkehrsmanagementsystem derzeit in einem für die Verkehrsteilnehmenden nicht sichtbaren sogenannten Schattenbetrieb ersten Tests unterzogen. Ab Oktober geht das System dann schrittweise in den Probebetrieb und wird damit für die Verkehrsteilnehmenden erstmals sichtbar.

Im Schattenbetrieb, der seit Anfang August läuft, sind die Ampeln der Dosierstellen und die Anzeigen der Verkehrsinformationsdisplays noch inaktiv (dunkel). Im Hintergrund werden die Daten aus der Reisezeiterfassung und aus den Verkehrszählstellen jedoch erfasst und abgearbeitet und alle Betriebsmittel (Dosierstellen, Verkehrsinformationsdisplays u.a.) systemtechnisch angesteuert. Da die Ampeln und Anzeigen jedoch inaktiv sind, nehmen die Strassenbenutzenden in dieser Phase vom Verkehrsmanagement noch nichts wahr. Es erfolgen keine Dosierungen, entsprechend bleibt auch die verkehrliche Wirkung aus. Trotzdem lässt sich aufgrund der Verkehrs- und Reisezeitdaten prüfen, ob das System funktioniert, die Daten korrekt abgearbeitet und bei Über- oder Unterschreiten bestimmter Grenzwerte die richtigen Schaltungen veranlasst werden.
Im Probebetrieb (ab Oktober 2022) werden die Dosierstellen und die Verkehrsinformationsdisplays analog zum Schattenbetrieb Schritt für Schritt in Betrieb genommen. Die Ampeln sind jetzt aktiv und von den Strassenbenützenden zu beachten. Die Verkehrsinformationsdisplays zeigen relevante Reisezeitveränderungen an. Das Verkehrsmanagement wird damit erstmals gegen aussen sicht- und wahrnehmbar. Jede Dosierstelle erzeugt eine lokal begrenzte verkehrliche Wirkung, die sich mit jeder weiteren Anlage, die in Betrieb geht, laufend vergrössert. Die verkehrliche Wirkung wird beobachtet und wo nötig werden Optimierungen vorgenommen.
Die Verkehrsdosierung wird, genauso wie beim späteren Vollbetrieb, nur dann veranlasst, wenn es die Verkehrssituation erfordert.
Den Vollbetrieb aufnehmen wird das Verkehrsmanagementsystem in der Region Bern Nord im März 2023. Ab dann wird auch die Wirkungskontrolle des Gesamtsystems einsetzen.
Die Inbetriebnahme erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den Standortgemeinden, den konzessionierten Transportunternehmungen, der Kantonspolizei und dem ASTRA.

«Verkehrsmanagement braucht eine Anlaufzeit»

Alain Maradan, Fachstellenleiter Verkehrsmanagement beim Tiefbauamt des Kantons Bern, ist der verantwortliche Projektleiter des Verkehrsmanagements Region Bern Nord. Im Interview erklärt er, wie die Inbetriebnahme abläuft und was das für die Strassenbenützenden bedeutet.
Herr Maradan, ab Oktober startet das Tiefbauamt in Einzelschritten mit dem Probebetrieb des Verkehrsmanagements. Müssen nun alle Pendlerinnen und Pendler damit rechnen, durch ein Rotlicht an der Durchfahrt gehindert zu werden?
Alain Maradan: Nein, das kann höchstens zu den Spitzenzeiten am Abend und am Morgen passieren. Die Ampel der Dosierstelle schaltet nur dann auf Rot, wenn der Verkehrsfluss im Zentrum ins Stocken gerät. Dann werden die Fahrzeuge am Dorfeingang zurückgehalten, damit sie danach flüssig durch den Dorfkern fahren können. Davon profitieren Verkehrsteilnehmende und Anwohnende gleichermassen.
Was passiert in den übrigen Zeiten?
Zu allen übrigen Tages- und Nachtzeiten ist die Dosierstelle nicht in Betrieb, die Ampel dunkel und die Durchfahrt für alle ungehindert möglich.
Müssen Velopendelnde an den Dosierstellen auch warten?
Nein, Dosierstellen halten nur den motorisierten Individualverkehr auf. Velofahrende können die Anlage jederzeit passieren.
Das Konzept der Inbetriebnahme sieht etwas anders aus als ursprünglich angedacht. Warum?
Interne Tests zeigten, dass die komplexe Software des Verkehrssystemrechners am besten in kleineren Etappen optimiert werden kann, mit gezielten Praxistests im Betrieb. Deshalb haben wir uns für eine zeitlich gestaffelte Inbetriebnahme entschieden. Jede Dosierstelle, die wir in Betrieb nehmen, liefert uns Erkenntnisse, die uns eine schrittweise Optimierung des Systems erlauben.
In welcher Reihenfolge gehen die Dosierstellen in den Probebetrieb?
Als erstes werden wir die Dosierstelle auf der Kantonsstrasse zwischen Jegenstorf und Urtenen aufschalten. Dann folgen weitere Dosierstellen im nördlichen Teil der Region, anschliessend jene im südlichen Teil. Auf eine verbindliche Reihenfolge oder fixe Termine bei der Inbetriebnahme einzelner Dosierstellen können und wollen wir uns nicht festlegen. Es ist möglich, dass Anlagen kurzfristig wieder deaktiviert und Verkehrsmanagementpläne angepasst werden müssen und daher andere Dosieranlagen vorgezogen werden.
Die Software zur besseren Steuerung des Verkehrs in der Region Bern Nord scheint komplexer zu sein als gedacht.
Für das Tiefbauamt handelt es sich um ein Pilotprojekt. Wir betreten damit Neuland, insbesondere was die Informatik betrifft. Ein Informatikprojekt hat bekanntlich seine eigene Dynamik. Dass die Programmierung des Systems eine heikle Aufgabe ist, haben wir gewusst. Deshalb sahen wir auch eine Reihe vorgängiger Tests vor. Das hat sich ausbezahlt: Wir entdeckten diese Lücken, bevor wir den Probebetrieb nun draussen starten.
«Probebetrieb» tönt allerdings danach, dass Sie noch immer mit erheblichen Unwägbarkeiten rechnen.
Ja, da müssen wir ehrlich sein. Ein gewisses Risiko bleibt. Wir können nicht damit rechnen, dass alles von Anfang an reibungslos funktionieren wird. Wir werden noch an einigen Schräubchen drehen müssen, bis sich das System eingespielt hat. Verkehrsmanagement braucht eine Anlaufzeit.
Was heisst das für die Verkehrsteilnehmenden?
Dass sie damit rechnen müssen, vielleicht da oder dort einmal an einem Rotlicht oder im Stau hängen zu bleiben, wo sie es bisher noch nicht kannten. Wir geben unser Bestes, werden aber auch auf Verständnis und Geduld der Verkehrsteilnehmenden angewiesen sein.